Zur Ausstellung vom 15. Dezember - 12. Januar 2013 mit
Vincent Kriste, Rafael J. Lutter, Igor Bleischwitz
Positionen der Malerei
Welche Möglichkeiten dem Medium der Malerei in der zeitgenössischen Kunst bleiben, ist eine der am häufigsten gestellten Fragen, die sich an die Entwicklungen des 20. Jahrhunderts und den damit einhergehenden Fragestellungen um die Evidenzkraft von Bildern anschliessen. Der Ausstellungsraum Zip nähert sich dieser Diskussion über die Zusammenführung der Werke dreier zeitgenössischer Kunstschaffender, deren Arbeitsfokus gleichsam auf das Medium Malerei gerichtet ist, die in ihren Werken allerdings auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Betrachter in Dialog treten und damit verschiedenartige Wahrnehmungsprozesse initiieren.
Die gegenständlichen Arbeiten des aus Berlin stammenden Künstlers Igor Bleischwitz (1981) entlehnen ihre Motive vorrangig einer rätselhaft-unwirklichen Welt, wodurch Bildräume von mehrfacher Lesbarkeit geschaffen werden. Ein Hybridwesen, halb Mensch, halb Katze, richtet sich einem Horizont in der Bildtiefe entgegen und appelliert damit an eine innere Versunkenheit, während der als Motiv treu wiederkehrende Hund in seiner geneigten Haltung dieAufmerksamkeit des Gegenübers fordert. Die diesen Werken eigene, erzählerische Formung eines Bildraums und dessen Verschränkung mit dem Medium der Malerei vollzieht sich auf paradigmatische Weise in dem Gemälde „Der Schütze“, wo die gespachtelte weisse Farbfläche in direkte Konkurrenz zum gegenständlichen Motiv tritt. Dabei wirkt die malerische Geste einerseits formbildend als Bewegung des gespannten Bogens und zeigt sich andererseits als ein autonomes Bildelement von eigener Logik.
Auf der gegenüberliegenden Wand dringt dagegen der mit Weihnachtsschmuck üppig ausgestattete Tannenbaum von Vincent Kriste (1979) in den Realraum des Betrachters vor. Die Originalgrösse des Weihnachtsbaums und die taktile Oberfläche des Reliefs machen das gezeigte Werk zu einem räumlich erfahrbaren Objekt, das seine Wirkung unmittelbar entfaltet, dessen Symbolik jedoch durch die porösen Stellen des Farbmaterials destabilisiert wird. Das in Kristes Werken stark ausgeprägte Kontextbewusstsein zeigt sich einerseits im Umgang mit den Erwartungshaltungen des Betrachters und andererseits in seiner formalen Bezugnahme auf den real vorhandenen Raum. So zeigen die zwei eigens für die Ausstellung angefertigten, ortsspezifischen Arbeiten eine ironische Selbstbefragung des Künstlers, die sich in der sowohl schriftlichen wie auch bildlichen Signatur mit der Person des Künstlers oder Produzenten befassen.
Dagegen folgen die von Rafael Lutter (1978) ausgestellten Werke einem Prozess der Malerei, der klassische Form- und Kompositionsprinzipien negiert. Im Spannungsverhältnis zwischen Formauflösung und Formwerdung überlagern und durchdringen sich die gestisch aufgetragenen Farbschichten. Die Farbe selbst wird zum Gestaltungsmittel, das sich über die Leinwand in scheinbar unkontrollierter Manier ausbreitet und dabei eine undurchdringbare Textur erzeugt, welche sich einem symbolischen Deutungszugang bewusst entzieht.
Die Präsentation der drei Positionen provoziert eine Auseinandersetzung mit deren unterschiedlichen Wirkungs- und Funktionsweisen. Die Hängung unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten im Zip ermöglicht eine Annäherung der Werke, indem diese in einen gemeinsamen Kontext überführt und damit in einen Austausch gebracht werden, dessen Nachvollzug die visuellen und kognitiven Fähigkeiten des Betrachters fordert.
Jasmin Sumpf